SFTwin

 

Smart Factory durch digitale Zwillinge

 

Die deutsche Automobilindustrie befindet sich seit einigen Jahren im Wandel. Wo früher Hubraum, Pferdestärken und maximale Beschleunigungswerte gefragt waren, sind heute emissionsfreie Mobilität, CO2-neutrale Produktion und die Öko-Bilanz wichtige Werte bei der Werbung für neue Automobile. Diese Änderungen kommen einerseits durch einen Gedankenwandel in der Bevölkerung, andererseits aufgrund von gesetzlichen Vorgaben und Restriktionen zu Stande. Ein ökologischer Fingerabdruck eines Automobils oder die effiziente Nutzung von Batterien für die E-Mobilität sind erst dank der fortschreitenden Digitalisierung möglich. Die Nutzung und das Verständnis für diese Innovationen sind für deutsche Erstausrüster (OEM) momentan an der Tagesordnung. Dennoch droht weiterer Fortschritt der Entwicklung zu stagnieren, denn die OEMs können diesen Wandel nicht allein durchführen. In nicht wenigen Teilen der Automobilindustrie mangelt es an den nötigen digitalen Kompetenzen zur Entwicklung und Umsetzung der genannten Themen. Es zeigt sich in der Breite vieler Unternehmen ein Defizit in den Bereichen Data Analytics, Mixed Reality Technologien, Virtualisierung, Cloud Technologien und künstlicher Intelligenz. Auch das Mindset sowie die Unternehmens- und Führungskulturen sind oftmals noch nicht auf die derzeit laufende Transformation zugeschnitten. Die Automobilzulieferindustrie muss sich für diesen Wandel rüsten und ihn aktiv fördern, um ein erfolgreiches Gesamtkonzept, über das gesamte Wertschöpfungsnetz eines Automobils, realisieren zu können. Zulieferer für die Automobilindustrie sind meist spezialisiert und nutzen Prozesse, die sich über Jahre und Jahrzehnte hinweg bewiesen haben. Ein wichtiger Teil dieser Prozesse sind die Fachkräfte, die eine Routine für die aktuelle Prozessbearbeitung entwickelt haben und somit Effizienz gewährleisten. Trifft nun die Anforderung eines geänderten, vollständig digitalisierten Prozesses auf einen Prozess, der durch Fachkräfte und Papierdokumente geprägt ist, besteht eine grundsätzliche Diskrepanz zwischen Neu und Alt. Ohne digitalisierte Prozesse besteht allerdings keine Möglichkeit, die von den OEMs geforderte Flexibilität und Wandlungsfähigkeit zu erreichen. Daraus resultiert, dass das übliche Vorgehen in produzierenden Unternehmen, innerhalb und außerhalb der Automobilindustrie, aus einer Teildigitalisierung besteht. Bestehende Prozesse werden mit digitalisierten Komponenten angereichert, die jedoch nicht den Gesamtprozess abbilden, sondern nur den Teil, der für einen konkreten Service notwendig ist. So werden die neuen Anforderungen zeitweise erfüllt, langfristig hingegen wird diese Art der Digitalisierung mehr Aufwand erzeugen, als sie Vorteile bringt.

 

 

 

 
 
 
 

Herausforderungen

 

Das Hauptproblem bei der Digitalisierung eines produzierenden Unternehmens ist es, ein Prozessverständnis zu schaffen und anschließend zu identifizieren, wie ein bestehender Prozess vollständig digitalisiert werden kann. Ist dieses Wissen vorhanden, fehlen dennoch des Öfteren die Grundlagen für eine Digitalisierung über einzelne Werksgrenzen hinweg. Werke, die unabhängig voneinander geführt, jedoch durch eine Prozesskette verknüpft sind, haben sehr selten die gleichen Modellrepräsentationen eines Prozesses und dessen Daten. Häufig besteht zwischen mehreren Standorten noch nicht einmal ein Konsens hinsichtlich des zu wählenden Datenmodells und der Frage, wie zentrale Stammdaten gepflegt und weiterentwickelt werden sollen. Dies führt dazu, dass Lösungen aus einem Werk nicht mit dem Digitalisierungskonzept eines anderen Werks vereinbart werden können. Diese Situation trifft häufig dann auf, wenn kurzfristige Lösungen realisiert wurden und deshalb keine Standards genutzt werden und keine übergreifende Datenmodelle erstellt wurden. Ebenso existiert meist kein übergreifendes Weiterbildungskonzept für bestehende Mitarbeitende zum systematischen Aufbau der notwendigen Digital-Kompetenzen. Erschwerend kommt hinzu, dass für moderne, digitale Lernformate die notwendige Infrastruktur fehlt, wie z.B. Lern-Management-Systeme.

 

 


 

 
 
 
 

Resultierendes Projektziel

 
 
 
 
 
 
 

 

Die Teilnehmer des Projekts SFTwin haben sich zum Ziel gesetzt, einen durchgängigen, werksübergreifenden Digitalisierungsprozess für einen Automobilzulieferer zu entwickeln, der nicht nur digitale Zwillinge und ein digitales Typenschild für Maschinen und Anlagen beinhaltet, sondern auch das Personal durch einen systematischen Ansatz zur digitalen Kompetenzentwicklung in die digitalisierten Prozesse aufnimmt. Die Kombination dieser Punkte führt zu der Entstehung einer Smarten Fabrik. Der Fokus in SFTwin liegt auf der „Digitalen Produktion“ in Form einer digitalen Fabrik, dem Aufbau digitaler Zwillinge und von Dashboards für die Echtzeit Verarbeitung von Daten. Da Webasto seit mehreren Jahren den Anteil an Industrierobotern und sensitiver Roboter erhöht, spielt eine effektive Instandhaltung eine immer wichtigere Rolle. Somit kommt dem Thema Predictive Maintenance und Machine Learning eine wachsende Bedeutung zu. Services zur Umsetzung prädiktiver Wartung auf Basis intelligenter Agenten wird deshalb als Projektziel betrachtet. Begleitend dazu bedarf es speziell im Bereich der Instandhaltung umfangreiche und rollen-spezifische Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen in Form eines Schulungskonzeptes, welches erarbeitet und im Unternehmen etabliert werden muss. Darüber hinaus gilt es einen vollständig papierlosen Shopfloor zu realisieren, der auch Nachhaltigkeitsaspekte in Form eines ganzheitlichen Energie- und Ressourcenmanagements beinhaltet. Die hierbei anfallenden enormen Datenmengen gilt es zu speichern und zu verarbeiten. Somit soll ein Data Lake aufgebaut werden, der anschließend mit zukünftig entstehenden Produktionsstätten kompatibel sein soll.